PFC-PFAS-unsichtbare-Umweltgefahr

PFC / PFAS – die Chemikalien in unser aller Blut

Im Herbst 2022 machten Meldungen über vergiftetes Regenwasser die Runde. Dadurch kam das Thema PFC / PFAS ans Tageslicht, das uns alle betrifft und daher auch öffentlich kommuniziert werden muss. PFC / PFAS sind seither zum Dauerbrenner in den Medien geworden. Im Februar 2023 brachte die Süddeutsche Zeitung einen großen Artikel dazu. Im HR lief eine Sendung über Fälle von Umweltverschmutzung durch PFC (per- und polyfluorierten Chemikalien) in Deutschland. Journalisten haben ganz viele Bodenanalysen gemacht und im NDR gab es mehrere Beiträge zu den Ergebnissen.

Mit diesem Artikel geben wir Ihnen weitere Fakten und Hinweise an die Hand, damit sie erkennen, warum Sie beim Thema PFC / PFAS zum Selbstschutz unbedingt aktiv werden sollten … und was Sie tun können.

Hinweis: Die deutsche Bezeichnung ist PFC, die englische Abkürzung ist PFAS. Da momentan die meisten neuen Presse-Artikel über PFAS berichten, werden wir beide Abkürzungen gemeinsam und oder abwechselnd verwenden, um darauf aufmerksam zu machen, dass es sich lediglich um zwei unterschiedliche Namen für die gleiche Stoffgruppe handelt.

Rückblick

In den unseren Artikeln „Kann man Regenwasser trinken?“ und „PFC – das Jahrhundertgift“ haben wir bereits eine Menge Informationen über das Thema PFC / PFAS für Sie zusammengetragen:

  • Die PFC / PFAS Chemikalien sind im Labor hergestellte künstliche Kohlenwasserstoffe, die mindestens zwei, in der Regel jedoch viele Fluoratome besitzen.
  • Die untersuchten PFC / PFAS sind alle mehr oder weniger giftig: eine krebsauslösende Wirkung, Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit, niedrigere Geburtsgewichte, Entwicklungsverzögerungen und Störungen des Immunsystems bei Kindern sind recht gut belegt.
  • PFC / PFAS sind sehr stabil und daher extrem langlebig oder, in anderen Worten, sie bauen sich nahezu gar nicht in der Umwelt ab. Daher sind sie mittlerweile auf der ganzen Erde verbreitet.
  • Ein Forscherteam hat mit PFC / PFAS belastetes Regenwasser auf der ganzen Welt gefunden, auch in abgelegenen Gebieten wie Antarktis und Tibet, weit weg von der nächsten chemischen Fabrik. Daher findet es sich auch im Blut so gut wie aller Menschen. Ein Forscher der Studie, Ian Cousins, meint: „Wir haben den Planeten unumkehrbar verseucht“.
  • Die bekanntesten Verwendungen von PFC / PFAS sind Pfannen mit Anti-Haftbeschichtung, imprägnierte Kleidung, Lacke, Farben, Teppiche, Kosmetika wie Shampoo, spezielle Papiere wie Backpapier, medizinisches Material wie Schläuche, Solarzellen, Löschschaum sowie Kältemittel in Kühltheken, Autoklimaanlagen und Wärmepumpen.

Warum sind wir alle vom Thema PFC / PFAS betroffen?

Es ist sehr wahrscheinlich, dass jeder Mensch in Deutschland PFAS Substanzen in sich trägt, die Stoffe sind quasi überall. (29)

Stefan Effkemann

Niedersächsisches Landesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

Es ist zweifellos so, dass jeder über PFC / PFAS Bescheid wissen sollte, um seine eigene Belastung zu verringern. Dies vor dem Hintergrund, dass sich die externe Exposition auf absehbare Zeit nicht verringern wird. Die Frage ist also eher, was jeder in seinem Alltag tun kann, worauf er achten sollte, um sich nicht unnötig mit PFC / PFAS zu belasten. Zwar sind die PFC-Werte von Menschen in den letzten 20 Jahren deutlich zurückgegangen. (1)

Doch ist das nicht beruhigend, weil

  • nach letzten Untersuchungen in Schweden und den USA ca. 3% der Menschen PFC über dem vorgeschlagenen Grenzwert in ihrem Blut haben (2) (s.a. unten „Der Fall Wiesbaden-Erbenheim“)
  • es den Verdacht gibt, dass sich selbst niedrige Blutspiegel negativ auf die Gesundheit auswirken (2)
  • die PFC / PFAS auch heute noch nicht richtig beurteilt werden können, denn von den geschätzten mehr als 10.000 PFC / PFAS -Substanzen sind gerade einmal ein Dutzend hinsichtlich ihrer Wirkung auf unsere Gesundheit und auf die Umwelt gut untersucht (3)
  • die Zahl der auf dem Markt befindlichen PFC / PFAS und die produzierten Mengen weiter zunehmen (2)
  • die Untätigkeit von Regierungen zu noch mehr Kontaminationsquellen, noch mehr betroffenen Menschen und zu noch höheren Kosten für die Sanierung führen wird (2)
  • der bei Chemikalien immer vorhandene Effekt von zusätzlichen, unabsehbaren Nebenwirkungen zu beachten ist, wenn mehrere verschiedene Chemikalien im Körper zusammen kommen.

Worüber nehmen wir PFC / PFAS auf?

Die Substanzen werden hauptsächlich über Lebensmittel und das Trinkwasser aufgenommen. Über verunreinigte Böden und belastetes Wasser gelangen PFC / PFAS auch ins Trinkwasser und über Pflanzen in die Nahrungskette. Gestillte Kinder können PFC / PFAS über die Muttermilch aufnehmen. Weitere Quellen sind die Außen- und Innenraumluft, Hausstaub und der Kontakt mit Verbraucherprodukten, die PFC-haltige Substanzen enthalten.

PFC / PFAS sind sowohl in pflanzlichen als auch in tierischen Lebensmitteln nachweisbar. In den meisten von den Landesbehörden untersuchten Lebensmittelproben wurden mit den derzeitig verwendeten Analysemethoden keine PFC / PFAS nachgewiesen. Dies kann daran liegen, dass die Empfindlichkeit der analytischen Verfahren noch nicht ausreichend ist, um sehr niedrige Gehalte von PFC / PFAS in Lebensmitteln nachzuweisen. Lebensmittel, in denen schon PFC / PFAS gefunden wurden, sind Trinkwasser, Fleisch, Fisch und Meeresfrüchte. Weitere tierische Produkte, insbesondere Innereien, aber auch Milch und Milchprodukte, Eier sowie einige pflanzliche Lebensmittel wiesen bei Tests ebenfalls PFC / PFAS auf.

Aus dem Lebensmittelüberwachungsprogramm der Bundesländer weiß man, dass die Gehalte im überwiegenden Teil der Lebensmittel mit den derzeitig verwendeten Analysemethoden unterhalb der Nachweisgrenzen lagen. Es bestehen daher weiterhin Unsicherheiten, welche Lebensmittel betroffen sind und welche PFC / PFAS Gehalt die nicht messbaren Lebensmittel haben. (1)

Nebenschauplatz Lebensmittel-Verpackungen

Die Chemikalien können nicht nur über vergiftetes Grundwasser in die Lebensmittel gelangen, sondern auch über Behälter, Verpackungen oder Haushaltsgegenstände: beispielsweise über antihaft-beschichtete Pfannen, Folien oder Beschichtungen von Küchengegenständen wie Teller, Tassen oder Aufbewahrungsboxen. Weiterhin werden PFC / PFAS oft bei der Herstellung von Papierverpackungen eingesetzt, die mit heißen flüssigen oder fetthaltigen Lebensmitteln in Kontakt kommen sollen. Beispiele hierfür sind Kaffee-Becher, Fastfood-Verpackungen, Tüten für Mikrowellen-Popcorn, Muffinförmchen oder Backpapier. (1)

Wie viel PFC / PFAS nehmen wir auf?

Eine Berechnung der EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit) aus dem Jahr 2020 für die mittlere wöchentliche Gesamtaufnahme der vier PFCs PFOA, PFNA, PFHxS und PFOS in Europa beläuft sich im Durchschnitt auf 6,44 Nanogramm (ng) pro Kilogramm (kg) Körpergewicht. Die Aufnahme dieser vier PFCs über Lebensmittel repräsentiert entsprechend den Berechnungen der EFSA etwa die Hälfte der Gesamtaufnahme aller untersuchten PFC / PFAS. Dies gilt sowohl für Erwachsene als auch Kinder. (1)

Falls Sie wissen möchten welche PFC-Gehalte von Lebensmittel und Trinkwasser in Ihrem Bundesland gemessen wurden, informieren Sie sich bitte bei Ihren jeweiligen Landesbehörden, z.B. dem Regierungspräsidium Stuttgart für Baden-Württemberg (https://rp.baden-wuerttemberg.de).

Weitere Zahlen, wie hoch die PFC / PFAS -Gehalte im Blut von Menschen sind, haben wir Ihnen unter „Der Fall Wiesbaden-Erbenheim“ zusammengestellt.

Was passiert mit PFC / PFAS nach der Aufnahme in den Körper?

Studien zeigen, dass diese Substanzen entweder unverändert ausgeschieden oder zu anderen PFCs, bspw. Perfluoralkylsäuren (PFAA), verstoffwechselt werden. Diese PFAA stellen eine „Endstufe“ des Abbaus von PFAS im Stoffwechsel dar.

Die Ausscheidung von PFCs erfolgt vorrangig über den Urin. Der menschliche Organismus kann insbesondere langkettige PFCs, wie PFOS und PFOA, nur langsam ausscheiden. Daher zeigen langkettige PFCs beim Menschen lange Halbwertszeiten von mehreren Jahren. Die langsame Ausscheidung langkettiger PFCs führt zu einer Anreicherung im menschlichen Körper. Kurzkettige PFCs werden beim Menschen schneller ausgeschieden als die langkettigen Verbindungen. Nur haben die kurzkettigen PFCs weniger Verbreitung in der Industrie und damit ist die Belastung von Menschen auch geringer. (1)

Warum PFC / PFAS ins Grundwasser gelangen

Zur Beweglichkeit der PFC / PFAS im Boden ist bekannt, dass die kurzkettigen PFCs und PFOA (Perfluoroktansäure) sehr mobil sind. Sie sickern daher in hohem Maße in das Grundwasser und bilden dort die Hauptschadstoffe aus der Gruppe der PFC / PFAS. Die langkettigen Verbindungen (PFOS, PFNA und PFHxS) und die allermeisten Vorläuferverbindungen sind wenig oder nicht mobil, lagern sich stärker im Boden ab und können im Grundwasser meist nicht nachgewiesen werden. (4)

Eine landwirtschaftliche Beregnung mit Wasser aus belasteten Grundwasserbrunnen oder aus Kiesseen belasteter Regionen ist grundsätzlich zulässig, sofern die Geringfügigkeitsschwellenwerte eingehalten werden. Dabei soll allerdings verhindert werden, dass es zu einer Verunreinigung bisher unbelasteter Grundstücke kommt. (4)

Im Rahmen des Oberflächengewässer-Monitorings 2021 in Baden-Württemberg wurden 48 Messstellen in Fließgewässern, 14 Messstellen in Seen, 14 Messstellen in Badeseen sowie zehn Kläranlagenabflüsse auf PFC / PFAS untersucht. An elf Messstellen in Fließgewässern sowie an neun Messstellen in Seen wurde eine Überschreitung der Geringfügigkeitsschwellenwerte festgestellt. Insgesamt sind die gemessenen Werte in Fließgewässern, Seen und Kläranlagen der letzten fünf Jahre relativ konstant, unterliegen aber witterungsbedingten Schwankungen. (4)

Wer trägt die Verantwortung (und die Kosten) für die Wasserverschmutzung?

„Die aktuelle rechtliche Situation wirkt aus Sicht der Hersteller wie eine Lizenz zur Verschmutzung des Grundwassers“, sagt Martin Weyand, Geschäftsführer Wasser und Abwasser beim Bundesverband der Energie- und Wasser­wirtschaft (BDEW). „Die Bürger haben die Kosten für die Reinigung des Wassers nicht verursacht, sie müssen aber nach den geltenden Bestimmungen dafür in Form von höheren Trinkwasser­gebühren geradestehen.“

Um die giftigen Stoffe aus dem Wasser zu holen, bedarf es großer Anstrengungen der Wasserwerke.   Eine Konsequenz aus dem in unserem ersten Artikel über PFC geschilderten Fall in der Umgebung von Rastatt: „In Rastatt müssen die Stadtwerke ihre Kosten für den gestiegenen Aufwand bei der Aufbereitung des Grundwassers auf die Wasserpreise umlegen, mit der Konsequenz einer Steigerung von rund 20 Prozent“, sagte Weyand. Nur wegen der Belastung mit PFC / PFAS waren Investitionen von mehr als 15 Millionen Euro nötig. (5)

Weyand weiter: „Unser Vorschlag ist, dass die Hersteller und die Importeure der PFC-haltigen Stoffe in einen Fonds einzahlen, aus dem die Sanierung betroffener Flächen, die Aufbereitung des Grundwassers und die Neuerschließung von Brunnen bezahlt werden.“

Dies könnte sogar konform mit anderen Regelungen und Gesetzen gestaltet werden. Eine nationale Regelung wäre somit möglich. Besser wäre es natürlich, dies gleich auf EU-Ebene einzuführen, damit in Europa die gleichen Regeln gelten. (5)

Der Fall Wiesbaden-Erbenheim – Gärtnern neben einer Kaserne

Im Umfeld der US-Kaserne und Airbase in Wiesbaden wurden seit 2017 erhöhte PFC-Werte gemessen. Fundorte waren Bäche und Grundwasser. Bürger, die in dem Bereich leben und arbeiten, wurden weder von der Stadt noch von Behörden informiert. Neben Mineralölen und Kohlenwasserstoffen aus einer schon lange stillgelegten Lackfabrik auf dem Kasernengelände tauchten als zusätzliches Problem diese Fluorverbindungen im Grundwasser auf. Dies auch nur deshalb, weil man vor Jahren begann, speziell nach PFC / PFAS zu suchen.

Ein Grund, warum Behörden nicht auf das Gesundheitsrisiko hinwiesen ist der Umstand, dass es nur sogenannte Leit- und Orientierungswerte gibt, aber keine gesetzlichen Grenzwerte. Für die drei Haupt-PFCs, die PFOA (Perfluoroctansäure), PFOS ( Perfluoroctansulfonsäure) und PFHxS (Perfluorhexansulfonsäure), liegt der Richtwert für Grund- und Oberflächenwasser von 0,1 Mikrogramm pro Liter (10 Millionstel Gramm/l). Aktuell gibt es Bestrebungen, den Leitwert auf 0,02 Mikrogramm pro Liter zu verschärfen.

 Ursprungsort für die PFC / PFAS auf dem Kasernengelände ist der frühere Übungsplatz der Feuerwehr. Im Grundwasser darunter finden sich heute fast 1000-fach erhöhte Werte. Im Brunnen eines Bauern auf der anderen Seite des Kasernengeländes wurde ein Wert von 33 Mikrogramm pro Liter PFOS gemessen.

PFC / PFAS im Löschschaum

Nach einem Bericht darüber im Februar 2020 im HR (Hessischer Rundfunk) stieg der Druck auf die Behörden. Während das Regierungspräsidium Darmstadt zuerst einmal auf Zeit spielte und die US-Army komplett schwieg, wurde die Stadt Wiesbaden aktiv. Die Stadt nahm Proben des Grundwassers, von Feldfrüchten und aus einer Kleingartenanlage. Dabei wurde bekannt, dass das Umweltdezernat der Stadt das Thema schon seit 2010 kannte. Aufgrund einer Fehleinschätzung eines Gutachters war man dem Problem nur vorerst nicht weiter nachgegangen. (6)

Bei der Kleingartenanlage kam ein besonderer Aspekt der Umweltverschmutzung zu Tage. Hier wurden der Boden, das Brunnenwasser … und auch die Besitzer der Kleingärten selber untersucht. Die drei Kleingärtner nahm man unter die Lupe, weil sie die Beete mit Brunnenwasser gegossen und das Obst und Gemüse schließlich gegessen hatten. Das warf natürlich die Frage auf, ob die PFC / PFAS auch in den betroffenen Personen nachweisbar sein würden.

In Brunnen wurden Werte bis 0,7 Mikrogramm PFHxS gefunden. In Obst und Gemüse der Kleingärtner wurden glücklicherweise nur Spuren an PFC / PFAS gemessen. Dass diese Sorge berechtigt ist weiß man aus anderen Fällen. Es gibt Obst und Gemüse, welches gerne PFCs aufnimmt (z.B. Erdbeeren, Spargel, Sojabohnen) und anderes, welches trotz Belastungen im Boden oder im Grundwasser nahezu frei von PFC / PFAS bleibt.

In den Blutproben der Gärtner wurden tatsächlich erhebliche Mengen an PFCs gemessen. Der PFOS-Maximalwert bei den Gärtnern war 5,3 Mikrogramm/L - alles unter 5 Mikrogramm pro Liter gilt als unkritisch. Der PFOA-Maximalwert lag immerhin bei 5 Mikrogramm/l - hier geht der sichere Bereich nur bis 2 Mikrogramm pro Liter. Nach der Bewertungsskala des Umweltbundesamtes liegen die Werte in der Stufe Gelb, also bedenklich. Das ist ein Bereich, in dem gesundheitliche Schäden möglich sind. (6)(7)

Zum Vergleich: 

In Untersuchungen im Jahr 2016 lagen die Mediane der Werte von 158 Personen aus München für PFOS bei 2,1 Mikrogramm (µg) pro Liter und für PFOA bei 1,1 µg pro Liter.

Analysen von Muttermilchproben zeigen, dass einige PFC auch in Muttermilch nachweisbar sind. Die darin gemessenen Gehalte von PFOS und PFOA betragen 0,9 bis 2 % bzw. 1,8 bis 9 % der Gehalte im Blut der Mutter.

Eine im Jahr 2020 publizierte Studie zu Gehalten an PFC / PFAS im Blutplasma von 3- bis 17-jährigen Kindern in Deutschland zeigt Gehalte von 2,4 µg PFOS pro Liter, 1,3 µg PFOA pro Liter. (6)

In einem bundesweiten Untersuchung stellte das Umweltbundesamt 2022 hohe PFOA-Belastungswerte in Blutproben von Kindern und Jugendlichen fest. So hoch, dass bei jedem fünften Getesteten „gesundheitliche Schäden nach heutigem Wissensstand nicht mehr ausreichend sicher auszuschließen sind“. (3)(8)

Folgerung:

Das bedeutet, dass wahrscheinlich alle Menschen, von jung bis alt, PFC / PFAS im Blut haben. Auch solche, die nicht aus einem nachvollziehbaren Grund (Arbeitsstelle oder erhöhte Werte im Trinkwasser) Kontakt zu PFC / PFAS hatten. Auch vor Kindern, Jugendlichen, Müttern und Babys machen diese Chemikalien nicht halt.

Der Fall GW Umwelt – Geschäftemacherei mit Bio-Kompost

Die Firma GW Umwelt verkaufte bis 2006 Bio-Kompost, der unzulässigerweise mit Klärschlamm mit zu hohen PFC-Werten aus den Niederlanden versetzt war. Auch Bauern im Landkreis Kassel verwendeten diesen Dünger, daher sind PFC / PFAS in deren Böden und auch im bekannten Edersee nachweisbar. Eine weitere Folge: In bestimmten Bächen in der Nähe des Edersees darf nicht geangelt werden. Die Geschäftsführer der Firma GW Umwelt wurden zu einer Strafe von 440.000 Euro verurteilt. (6)

Energiesparen mit Risiko: Wärmepumpen

Die Bundesregierung plant den Einbau von sechs Millionen Wärmepumpen bis 2030. Wärmepumpen gelten als besonders vielversprechende, weil klimafreundliche Heizalternative. Doch besitzen die energieeffizienten Wärmesysteme eine entscheidende Achillesverse: ihre Kältemittel. Auch wenn sich die Kältemittel in Wärmepumpen in einem geschlossenen Kreislauf befinden – in der Herstellung und bei der Entsorgung sind sie ein riesiges Problem, denn sie enthalten häufig gefährliche PFC / PFAS Chemikalien als Kältemittel.

Natürlich sieht der Bundesverband Wärmepumpen (BWP) das drohende Verbot von PFC auf EU-Ebene kritisch. Und das obwohl es einige Alternativen zu PFC gibt wie z.B. Propan. Dazu sagte ein Forscher vom Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme (ISE): „Es ist absolut möglich, nahezu alle Wärmepumpen, die im Gebäudebereich eingesetzt werden, mit natürlichen Kältemitteln zu betreiben“. Die von seinem Team entwickelte Pumpe bräuchte nicht mehr Propan als ein Campingkocher. (9)

Gesundheitliches Risiko der kurz- und langkettigen PFC / PFAS 

Dass PFC / PFAS wahrscheinlich giftig sind, wusste der wichtigste Hersteller dieser Chemikalien DuPont schon seit den 1960er-Jahren.Tierversuche zeigten Störungen wie Lebervergrößerungen bei den Tieren. Später zeigten Tests, dass sich die Substanzen im Blut der Mitarbeiter anreichern. (10)

Daten aus Tierversuchen zu kurzkettigen PFC / PFAS, beispielsweise der Perfluorhexansäure (PFHxA), weisen auf eine ähnliche toxikologische Wirkung wie die langkettigen PFCs hin. (1)

Unbestritten ist das hohe Risiko durch die Akkumulierung, die hohe Verbreitung der PFCs und die noch ausstehenden wirklich wirksamen Taten der Politik. Umweltchemiker Martin Scheringer (ETH Zürich) hält ein pauschales Verbot aller Ewigkeitschemikalien für zwingend notwendig. Auch Marike Kolossa-Gehring (Toxikologin am Umweltbundesamt) spricht von einem "großen Bevölkerungsexperiment", das stattfinden würde, wenn man die Stoffe im Umlauf hielte und es darauf ankommen ließe, ob ihre Gefährlichkeit sich bestätigt oder nicht. (11)

Der Nordische Rat (ein Zusammenschluss von Dänemark, Finnland, Schweden, Norwegen, Island, den Farör-Inseln, Grönland und Aland) führte eine Untersuchung zu den gesundheitsbezogenen Folgekosten der Umweltverschmutzung durch PFCs in der EU durch. Die jährlichen Kosten für die Behandlung der gesundheitlichen Folgen schätzen sie auf 52 bis 84 Milliarden Euro. Im Bericht kommen sie außerdem zu dem Schluss, dass jedes Jahr in der EU der Tod von mehr als 12.000 Menschen mit PFC / PFAS in Verbindung steht. (2)(3)

Wie können Sie sich vor Gesundheitsschäden durch PFC / PFAS schützen?

Die Hauptmaxime ist es, sich zu informieren, wenn man potentiell PFC / PFAS -haltige Produkte kauft. Die Hauptbereiche sind Outdoor-Kleidung und -Schuhe (Gore-Tex®), beschichtete Pfannen, Außenbeschichtungen für Haushaltswaren und Elektrokleingeräte (Waffeleisen, Tischgrills, Sandwichtoaster, Eierkocher, Bügeleisen), Kuchenformen und Backbleche, Teppiche und Kosmetika. Diese Produktgruppen kritisch zu hinterfragen ist wichtig, weil man selbst bzw. die darin aufbewahrte oder zubereitete Nahrung unmittelbar mit eventuellen Beschichtungen in Kontakt kommt. Dazu zählen auch – vielleicht überraschend – Einweg-Kaffeebecher und Pizza-Kartons. Ja, auch diese können mit PFC / PFAS beschichtet sein.

Für Kosmetikartikel und Spielzeug informieren Sie sich bitte bei den Apps "ToxFox" und "CodeCheck" über die Inhaltsstoffe ausgewählter Produkte. (3)(11)

In der Ernährung liegt der Schwerpunkt bei tierischen Lebensmitteln, weil Tiere schlichtweg länger leben als Pflanzen und in dieser Zeit mehr Schadstoffe akkumulieren können. Das gilt übrigens für alle Arten von Schadstoffen. Ausnahmen bilden Pflanzen, die auf belasteten Böden gewachsen sind.

Weitere Tipps, wie Sie PFC im Alltag umgehen können, haben wir im Artikel "PFC - das Jahrhundertgift"  zusammengefasst.

Quellen:

1. Fragen und Antworten zu per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) - www.bfr.bund.de/de/fragen_und_antworten_zu_per__und_polyfluorierten_alkylsubstanzen__pfas_-242936.html

2. Nordic Council of Ministers „The cost of inaction. A socioeconomic analysis of environmental and health impacts linked to exposure to PFAS“ (2019) - https://norden.diva-portal.org/smash/get/diva2:1295959/FULLTEXT01.pdf

3. SZ: Alles Wissenswerte über PFAS - https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/wissen/pfas-chemikalien-fragen-und-antworten-lebensmittel-schaedlich-e250554/

4. PFAS-Verunreinigungen im Boden  - https://rp.baden-wuerttemberg.de/rpk/abt5/ref541/stabsstelle-pfc/boden-grundwasser-oberflaechengewaesser

5. Resistente Chemikalien im Grundwasser: Wer zahlt die Rechnung? - https://www.rnd.de/wirtschaft/ewige-chemikalien-sollen-kuenftig-von-den-herstellern-der-stoffe-aus-dem-grundwasser-gefiltert-XTK56C6VJNDJPJVC7N4JMKHDCQ.html

6. HR Fernsehen Wie gefährlich sind PFC? - Schleichendes Gift | doku | defacto - https://www.youtube.com/watch?v=5DL8y5QH3DY

7. Jahrhundertgift PFAS: Wie verseucht ist Deutschland? - https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2023/Jahrhundertgift-PFAS-Wie-verseucht-ist-Deutschland,pfas104.html

8. Wieso PFAS-Chemikalien überall in Deutschland gefunden werden - und eine Gefahr für die Gesundheit sind - https://www.rnd.de/panorama/pfas-chemikalien-in-deutschland-hunderte-standorte-betroffen-belastung-sehr-hoch-BB3ZPXO2LSC4E5HMNJZXHE5QLE.html

9. Wärmepumpen als Heiz-Alternative – Gefahr für Mensch und Umwelt?

- https://www.merkur.de/verbraucher/waermepumpen-gefaehrliche-jahrhundertgift-pfas-energiewende-in-92117762.html

10. Wo PFAS überall Deutschland verschmutzen - https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/pfas-chemikalien-deutschland-101.html

11. PFAS-Chemikalien: So erkennen Sie die giftigen Stoffe in Alltagsprodukten - https://www1.wdr.de/nachrichten/pfas-giftige-chemikalien-erkennen-100.html

12. Das Jahrhundertgift - https://daserste.ndr.de/panorama/archiv/2022/Das-Jahrhundertgift,jahrhundertgift112.html

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